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Ein letztes Mal im Jahr 2023

Meine letzte Wettkampfreise für das Jahr 2023 ging nach Cascais in Portugal. Cascais liegt in der Nähe von Lissabon und ist ein wunderschöner kleiner Ort am Atlantik. Ich startete wieder über die Mitteldistanz (1,9km Schwimmen, 90km Radfahren und 21,1km Laufen).


Die Strecke kenne ich bereits vom Vorjahr, was hier in Cascais sicher kein Nachteil ist. Am Anfang der Radstrecke ist es sehr bergig, danach ist es flach und schnell und man verbringt die Zeit in der Aeroposition.


Vor dem Rennen


Am Morgen des Rennens bin ich früh aufgestanden, was mir nur an solchen Tagen leichtfällt. Nach all den Erfolgen, die ich in diesem Jahr hatte, freute ich mich sehr auf den Start und das darauffolgende Rennen. Mein Fragezeichen war, wie erholt oder fit ich nach meiner letzten Handoperation bin, die ich nach der Europameisterschaft hatte. Ich habe gemerkt, vor allem im Kopf brauchte ich mehr Zeit, um mich zu erholen. Denn wirklich Zeit, um den Erfolg an der Europameisterschaft zu verarbeiten, hatte ich nicht. Ein paar Tage nach der EM musste ich die Platte aus dem Handgelenk entfernen und lag deshalb erneut im Spitalbett.


Gerade in der Vorbereitung auf den letzten Wettkampf habe ich gemerkt, dass das dauernde sich selber Motivieren sowie das Vollgas geben enorm auch im Kopf zehrt. Auch da konnte ich erneut feststellen, wie der Kopf und der Körper zusammenspielen. Denn in den ersten Tagen war ich körperlich müde und jetzt wo ich schon einige Zeit zu Hause bin, überkommt mich zum ersten Mal so richtig die Müdigkeit. Es ist so eine tiefe zufriedene Müdigkeit von ein paar Monaten harter Arbeit.


Der Wettkampf


Zurück zum Rennen in Cascais. Es ist wie immer im Oktober um 6 Uhr sehr dunkel. Obwohl die Wechselzone sehr gut mit Schweinwerfer ausgestattet war, schaffte ich es beim Einrichten meines Rennplatzes, das kleine feine Teilchen für die Abdeckung des Luftventils meines Scheibenrades abzubrechen. Ich konnte das Missgeschick humorvoll hinnehmen. Wichtig war, dass die Luft im Rad blieb, mit dem kleinen Loch in der Scheibe konnte ich leben. Nach dem Aufbau ging es über die Hafenmole hinunter zum Strand, dem Startgelände. Das war definitiv ein Gänsehautmoment. Denn da standen so viele Leute, die warten und zuschauen, wie das Rennen gestartet wird. Wenn ihr mal die Spannung in der Luft erleben wollt, dann kommt im Oktober nach Cascais und schaut euch an, was da morgens los ist. Auf der Mole sitzend telefonierte ich mit Fabian und scherze ein wenig bevor es für mich hiess: 4 Stunden mein Limit zu finden und den Stier ins Ziel zu reiten (dies ist jeweils meine Wunschvorstellung vor einem Rennen). Die Sonne ist über dem Horizont aufgegangen und ich bereitete mich auf den Start vor. Das hiess für mich ein kurzer Lauf, um wach zu werden, danach rein in den Neoprenanzug und ab ins kalte Atlantikwasser. Nun definitiv wach, freute ich mich in diesem Moment extrem auf die kommenden Stunden. Ich wusste, dass ich meinen Körper mit positiven Gedanken steuern kann. Einfach im Moment leben! Auch wenn ich diese Woche von Fabian zum ersten Mal gehört habe, dass Sport in dieser Weise dumm macht. Zu viel Laktat im Hirn macht halt das klare Denken schwierig. Ich stellte mich in die zweite Startreihe und wartete auf den Start. Gänsehautmoment!


Die Füße im Sand und alles nimmt man extrem präsent wahr. Die Nervosität ist dann immer sehr hoch und man wünscht sich, dass das Startsignal ertönt. Als das Starthorn ertönt, finde ich mich mit Salzwasser in den Augen in der ersten Schwimmgruppe wieder. Als ich zum ersten Mal nach den Bojen schaute, um mich zu orientieren, sah ich nur Wasser. Also an die Füsse von den anderen Schwimmern und warten bis ich 2-3 Züge auf dem Rücken machen und die Brille leeren konnte. Das Meer war unruhig, was für mich sehr spannend und ungewohnt war. Ich hatte gerade hier viel gelernt, wie man sich in einer Gruppe verhält.


Nach dem Schwimmen wechselte ich aufs Rad. Meine aktuelle Gruppe um mich herum empfand ich als sehr unruhig. Alle fuhren entweder sehr hart oder hatten gar keinen Zug auf der Kette. Ich war froh, dass ich nach 30 km mit einem anderen Athleten die Gruppe sprengen und wir sehr gleichmäßig fahren konnten. Ich habe das Rennen wirklich vom Start weg angeführt, was mich sehr glücklich machte. Ich habe mich immer sehr gut gefühlt. Dies bis ich von einer Sekunde auf die andere keinen Druck mehr auf den Pedalen hatte. Von einem Moment auf den anderen begann ich mich zu übergeben und mir wurde schwindelig. So war meine Verpflegung auf der Straße und nicht mehr im Magen. Ich konnte mich auch in diesen ziemlich dunklen Momenten immer wieder motivieren, so dass ich so gut es ging auf dem Gas blieb, damit der Rückstand so klein wie möglich gehalten werden konnte. Ich konnte meine Sicherheit gut einschätzen. Die Strecken sind überall abgesperrt und es gibt genügend Sanitätspersonal vor Ort. Ich selber wusste, wo meine Grenzen waren, auch wenn ich diese zu dem Zeitpunkt maximal ausgedehnt habe. Ich war mir auch bewusst, dass der Schuss nach hinten rausgehen konnte.


Auf der Laufstrecke habe ich dann gemerkt, dass mir die gewohnte Energie fehlte. Ich habe aus der Situation das Beste gemacht und bin positiv geblieben. Klar, mit dem Ziel zu gewinnen, gibt man dann das erste Mal auf, weil man mit anderen Dingen beschäftigt ist. Jedoch weiss ich in solchen Situationen immer, dass das Rennen im Ziel zu Ende ist und bis dahin wollte ich alle Hebel in Bewegung setzen, die ich konnte.


Das Resultat


Ich bin zufrieden mit meinem Resultat. Ich habe das Rennen als 7. overall und als 2. In meiner Agegroup beendet. Ich kann stolz sagen, dass ich in diesem Jahr alle Rennen mit einem Podesplatz beendet habe. Das ist nicht selbstverständlich und ich bin unendlich dankbar dafür. Ich bin mir aber auch bewusst, dass ich dafür harte Arbeit geleistet und auf Vieles verzichtet habe.

Am Abend freute ich mich mit einem Bier in der Hand an die Finishline-Party zu gehen und mit vielen anderen über den erfolgreichen Tag zu reden. Jeder/jede schreibt an so einem Tag seine eigene Geschichte, was sehr schön ist.


Am Sonntag war die Siegerehrung ich freute mich riesig auf dem Podest zu stehen und einen weiteren „Topfuntersatz“ (ein Zitat von Robin Hermann) nach Hause zu nehmen. All meine Trophäen erhalten zu Hause einen besonderen Ort und werden entsprechend gewürdigt. Resp. ich würdige so meine Leistung im 2023 und schätze nun ein paar Wochen Trainingspause oder wie man in Triathletenkreisen so schön sagt: ich mache fit for fun.


2024


Ich freue mich auf das Jahr 2024 mit allem, was da so passiert. Genau wie im Rennen von Portugal wird auch im nächsten Jahr das eine besser gelingen und das andere eine grössere Herausforderung sein.


See you out there


Cyrill Knechtle

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