Ich weiss im Moment nicht, wo die Zeit in den letzten Wochen bei mir geblieben ist, aber sie ist wie im Flug vergangen. Jeder kennt das, manchmal hat man Wochen im Leben, wo man das Gefühl hat, es ist zäh und irgendwie wird es nie wieder Montag. Bei mir ist das im Moment nicht der Fall und nachdem mich diese Woche auch noch jemand gefragt hat, ob ich mal wieder einen Blog schreiben würde, dachte ich mir, es wird mal wieder Zeit mein 10-Finger-System auszupacken und in die Tasten zu hauen.

Erlebnisse
Ich habe in den letzten Wochen und Tagen so viel erlebt, dass ich gar nicht weiss, wo ich anfangen und was ich erzählen soll. Denn noch vor Silvester bin ich in mein zweites Zuhause geflogen oder an den Ort, an dem ich mich auf Erden am wohlsten fühle. Ich muss allerdings sagen, dass ich keineswegs ein Weltenbummler bin. Ich kann dir auch nicht sagen, wie es sich anfühlt, in Australien in einem Backpacker zu schlafen oder mit dem Wohnmobil die Gegend zu erkunden. Denn um ehrlich zu sein, habe ich im Moment auch gar keine Lust dazu.
Viele Athleten sagen, wenn sie in einem Trainingsblock sind, passiert nicht viel und bei mir ist es zu 200 Prozent so. Wenn ich ehrlich bin, liebe ich genau das an meinem Leben. Ich weiss, ich muss nicht mehr darüber nachdenken, wo jetzt die beste Attraktion ist und wann ich sie mir am besten anschaue. Aber ich habe gerade in dieser Woche ein Erlebnis gehabt, für das andere Leute in ihrem Urlaub sehr viel Geld ausgeben würden. Die einen investieren viel Geld in einen schönen Urlaub und ich in eine Destination, in der ich perfekte Trainingsbedingungen vorfinde.
Das öffnet gerade eine andere Tür, durch die ich nicht gehen will. Was habe ich also gesehen? Ich bin eines Morgens durch den Noosa National Park gelaufen. Nein, ich erzähle jetzt nicht wie andere, welche Strecke oder wie weit ich gelaufen bin, das interessiert nur einen Bruchteil der Leser. Was wirklich interessiert ist, was ich gesehen habe und wie ich dorthin gekommen bin. Also schon um 6.30 Uhr, als ich dort in einer Bucht auf dem Sand gelaufen bin, hat es mich erst mal richtig gebraten wie ein Spiegelei in einer Bratpfanne und als ich am Ende des Strandes eine Treppe gesehen habe, wusste ich, dass ich die hoch GEHEN muss, ja du liest richtig, ich gehe manchmal beim Laufen. Ich ging die Treppe hoch, die zum Hellsgates führt (ich verlinke hier, wie es dort aussieht). Als ich oben ankam, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen. Ich sehe Delphine, die springen. Nur damit das klar ist, es waren ca. 30 Crad gefühlt fast 40 Crad und man denkt nur, ist das wirklich? Ich glaube ich träume. Was auch passieren kann, wenn man in der Hitze läuft. Aber da ich dann einfach so gesagt habe: «das sind Delphine» und die Familie daneben auch: «WOW Delphine», wusste ich alles klar, das ist kein Tagtraum. Ich könnte noch härter laufen 😉. Also lief ich den Küstenweg entlang und genoss es zum ersten Mal, Delphine live springen zu sehen. Glücklicherweise habe ich keine Schlange gesehen. Das hätte mich definitiv in die Flucht geschlagen.
Wie komm ich zu einem Motorrad?
Ich springe in der Zeit, aber ich muss euch erzählen, dass ich mir zum ersten Mal in meinem Leben ein Zweirad gekauft habe. Eines, das man anmelden und zum Strassenverkehrsamt gehen muss. Ich kam mir vor wie ein Vater, der keine Ahnung von einem Roller hat und dachte, ok, ich muss, glaube ich, mal prüfen, ob alles in Ordnung ist. Ich hab alles mal kurz durchgeschüttelt, so ein Tüf-Test für Laien. Dann habe ich noch geschaut, ob da irgendwo ein Öl loch ist - keine Ahnung, ob ich auch an der richtigen Stelle geschaut habe. Zum Glück hat mir Rod geholfen und hat auch drüber geschaut und nur gesagt, ist ok, kannst kaufen. Also hab ich mein erstes Motorrad gekauft. Für ein paar Minuten fühlte ich mich richtig erwachsen. Dann musste ich mich noch darum kümmern, wie ich das Ding einlöse und wie ich es auf meinen Namen umschreiben lasse.
Ich ging zum australischen Strassenverkehrsamt und wie so oft wäre ich nicht Cyrill, wenn die Geschichte nicht noch einen Haken hätte. Ich füllte alle Papiere korrekt aus, ging ohne Pass und nur mit meiner Identitätskarte zum Amt und dachte, die werden schon verstehen, dass ich Schweizer bin. Zagg Willkommen in Australien und für einen Moment dachte ich "alles klar, da stehst du am Schalter wie in der Schweiz". "Ja, wir brauchen einen Pass, sonst können wir nicht bestätigen, dass du Cyrill bist". Auch der Swiss Pass der SBB half nicht weiter. Beim zweiten Versuch klappte es dann und ich konnte meinen Roller einlösen. Jetzt fahre ich Roller, was hier in Noosa eine ganz neue Erfahrung ist. Jetzt weiss ich, wie es ist, auch ohne Velo mobil zu sein.
Ansonsten gehe ich viel Schwimmen, Radfahren oder Laufen. Zwischendurch trinke ich einen Kaffee oder treffe mich mit australischen Freunden. Am Sonntagnachmittag gehen wir meist Bodysurfen und meine Freunde zeigen mir, wie das funktioniert. Das Schöne ist, dass hier auch neben dem Sport immer etwas passiert, was mich vom Leistungsgedanken wegbringt, was für mich sehr gesund ist und was mich, glaube ich, hier zu einem anderen, fröhlicheren Menschen macht. Mit diesen Worten wärme ich mich für meine Intervallläufe heute Abend auf und freue mich auf ein paar schnellere Schritte auf der Street of Pain. Mal sehen, was das Training bringt.
Danke fürs Lesen und bis bald.
See you out there